In unserer urbanisierten Gesellschaft hat die Entfremdung von der Natur ein erschreckendes Ausmaß angenommen. Mit eigener Erfahrung musste ich bei Oberschülern feststellen, dass sie zwar eine “Integrale Funktion” berechnen können oder jede Funktion beim Hightech Smartphones kennen, aber nicht eine Fichte von einer Tanne, oder eine Föhre von einer Lerche unterscheiden können, geschweige unsere heimischen Wildtiere und Vogelarten kennen. Nach Umfragen glauben viele Schüler, dass Kühe – wie in der Werbung – tatsächlich lila seien, sich immer mehr von unserer schönen Natur mit den Ereignissen entfernen. Dazu kommt noch eine um sich greifende Bambimentalität, die die Notwendigkeit des Tötens von Wildtieren verkennt und den Schutz von Lebewesen über alles stellt.
Angesichts einer immer geringeren Kenntnis von natürlichen Vorgängen sinkt natürlich auch die Akzeptanz der Jagd, und das nicht nur in Ballungsräumen, sondern auch in ländlichen Regionen. Naturschützer und Landwirte fordern einen verstärkten Abschuss von Schalenwild, Tierschützer eine Abschaffung der Jagd. Ein kleiner Kern militanter Tierschützer setzt Jäger sogar mit Mördern gleich und geht aktiv gegen Jäger vor, z.B. durch Störung von Gesellschaftsjagden oder Ansägen von Hochsitzen, durch unwahre Behauptungen in sämtlichen Internetportalen… udgl., dazu kommt, dass in unserer Mediengesellschaft Fernsehsender beim Wettlauf um Einschaltquoten oftmals schlecht recherchierte, sachlich falsche Beiträge liefern, z.B. über den Abschuss wildernder Hunde und Katzen oder über die Gatterjagden, Tierquälereien oder ähnliches . Eine negative Einstellung zur Jagd wird allerdings auch durch Fehlverhalten einzelner Jäger geprägt. Hinzu kommen noch Hassberichte und Intrigen im Internet, vor allen Berichte mit haarsträubenden Fotos in bekannten Portalen die gegen die Jagd ausgerichtet sind.
Welche Konsequenzen die völlige Abschaffung der Jagd hätte, ist am Beispiel der Schweiz zu erkennen. Im Kanton Genf wurde die Jagd per Verfassungsänderung und Volksentscheid in den siebziger Jahren gänzlich abgeschafft. In der Zwischenzeit hat sich dort das Schalenwild, insbesondere das Schwarzwild, so stark vermehrt, dass – auch im Interesse der Landwirtschaft – eine Wildbestandsregulierung unerlässlich wurde. Nun werden nachts im Scheinwerferlicht sogenannte “Polizeijagden” mit nicht dafür ausgebildeten Polizeibeamten durchgeführt, was jedem Tierschutzgedanken zuwiderläuft. Trotz dieses untragbaren Zustandes findet sich bisher keine gesellschaftliche Mehrheit für eine Änderung der Situation.
Vielfach wird vom Naturschutz auch gefordert, sogenannte Rote-Liste-Arten, wie einige Säugetiere und Rauhfusshühner vom Jagdrecht ins Naturschutzrecht zu überführen, um sie besser schützen zu können. Dabei ist anzumerken, dass die seltenen Arten, auch nach Jagdrecht ganzjährig geschützt sind, also mindestens den gleichen Schutzstatus genießen. Darüber hinaus besteht für die dem Jagdrecht unterliegenden Arten eine Meldung bzw. Hegeverpflichtung.
Es wird darüber diskutiert, ob die sogenannten “Roten Listen” das zuverlässige Vorwarnsystem des Artenschutzes als Entscheidungsgrundlage für die Politik darstellen. In der Tat, auch wenn die Populationsstärke nicht das alleinige Kriterium für die Eingruppierung darstellt, erscheint schwer nachvollziehbar.
Tatsache ist jedoch auch, dass der Rückgang der Niederwild- und Vogelarten seit Jahren Anlass zur Sorge gibt. Für diesen Rückgang ist offensichtlich ein ganzes Bündel von Ursachen verantwortlich, z.B. veränderte Landnutzung, starker zunehmender Winter- und Sommertourismus, Beutegreifer wie auch Bär und Wolf, Wetter, Verkehr und sonstige Faktoren der Beunruhigung. Nicht auf alle freilebenden Wildarten wirken sich Lebensraumveränderungen negativ aus, einige Wildarten (vor allem Rotwild) haben eine deutlich nach oben gerichtete Bestandsentwicklung zu verzeichnen. Nachdem es für das Rotwild kaum noch Ruhezonen gibt und sich diese Wildart an die Störungen gewöhnt, wandern oder flüchten sie immer mehr in die Tallagen und in die Nähe der Wohngebiete.
Schäden durch Schalenwild (Reh-, Rotwild etc.) entstehen durch Verbiss von Knospen und Trieben sowie durch Schälen (Fressen) von Baumrinde. Besondere Probleme ergeben sich im empfindlichen Alpenraum sowie in Gebieten mit geringer Bewaldung oder mit starkem Erholungsdruck. Untersuchungen belegen, dass die Verbissprozente in Gebieten mit starkem Besucherverkehr bei gleichen Wildbeständen bis zu dreimal höher sein können als in ruhigen Regionen. Die Wald-Wild-Problematik ist noch nicht überall zufriedenstellend gelöst. Die stark gestiegenen Abschüsse der letzten Jahre beim Reh- und Rotwild zeigen jedoch, dass die Jäger sich ihrer Verantwortung für das Ökosystem Wald und Fauna stetig bewusster werden.
Angesichts der schwierigen Finanzlage öffentlicher Haushalte ist allerdings fraglich, wie lange und in welcher Höhe ein Schutz noch möglich ist, während der Schalenwildabschuss vom Naturschutz toleriert bzw. gar verstärkt gefordert wird,.
Lösungswege
Die Jagd ist die älteste Form der Nutzung natürlicher Ressourcen. Jagdausübung auf wildbiologischer Grundlage stellt eine nachhaltige Nutzung natürlicher Ressourcen dar und leistet einen Beitrag für eine nachhaltige ländliche Entwicklung. In der heutigen Zeit wird zur Lösung von Problemen immer öfter der Ruf nach dem Staat laut, während gleichzeitig der Unmut über die staatliche Regelungswut wächst. Mit Ordnungsrecht allein ist nicht alles zu regeln; Konzepte der Freiwilligkeit, der Hilfe zur Selbsthilfe sollten verstärkt genutzt werden.
Da die Jagd heutzutage im Blickpunkt einer für die Belange von Natur- und Tierschutz stark sensibilisierten Gesellschaft steht, ist aktive Öffentlichkeitsarbeit besonders geboten. So ist es unerlässlich, die Wissensvermittlung über Natur und Jagd, z.B. in den Kindergärten, Schulen, bei Wander- und Revierführungen oder Hegeschauen mit geschulten und fachlich wissenden Fachkräften zu intensivieren. Dabei ist auch das Bewusstsein der Jäger zu schärfen für die sensiblen Fragen des Tier- und Artenschutzes. Dafür sollte eine grenzüberschreitende ARBEITSGRUPPE oder auch mehrere kostenlose Fortbildungskurse angeboten werden. Die Idee für eine solche Arbeitsgruppe wurde in Zusammenarbeit mit dem Südtiroler Jagdverband vor einigen Jahren ins Leben gerufen aber musste wegen mangelnder Beteiligung und fehlender Unterstützung wieder aufgelöst werden.
Auch in Südtirol wäre es sicherlich wünschenswert, wie in der Schweiz den “Roten Listen” der gefährdeten Arten eine “Blaue Liste” gegenüberzustellen, in der Tier- und Pflanzenarten dokumentiert werden, die in den letzten Jahrzehnten ab- und zugenommen haben.
Unter den vielen Faktoren, die die Entwicklung der Niederwildpopulationen beeinflussen, kommt der Lebensraumqualität und dem Beutegreiferdruck eine zentrale Bedeutung zu; beides Faktoren, die im Gegensatz etwa zu klimatischen Einflüssen beeinflussbar sind.
Zur Lösung der Wald-Wild-Problematik gibt es keine einfachen Lösungen (“Abschuss erhöhen”). Integrierte Konzepte müssen wissenschaftlich fundiert entwickelt, erprobt und umgesetzt werden. Dabei müssen dem Lebensraum angepasste Wildbestände, wildökologische Raumplanung sowie Biotopverbesserungen mit Maßnahmen der Besucherlenkung einhergehen. Gleichzeitig sollte der Jagddruck minimiert werden, z.B. durch Einführung von sogenannten Intervall- bzw. Schwerpunktjagden. Nur so wird es für unser Schalenwild in einem hochindustrialisierten und dichtbevölkerten Land eine Zukunft geben. Zum Schutz des Wildes sollten unbedingt Ruhezonen ausgewiesen werden. Es wurde zwar darüber vieles besprochen und diskutiert, aber es fehlt immer noch an die Umsetzung. Es ist künftig ein aktives Management gefordert, das den Interessen wie: “Tourismus, der Landwirtschaft und des Naturschutzes” gleichermaßen gerecht wird. Dabei sollten ein intensives Monitoring, das Ausweisen von Ruhezonen und die Anlage von Ablenkungsflächen ebenso einbezogen werden wie eine gezielte, nachhaltige jagdliche Nutzung.
Um die notwendige großflächige Nieder- und Schalenwildbewirtschaftung gewährleisten zu können, kommt der Bildung von Hegegemeinschaften eine besondere Bedeutung zu. Dabei sollte die Aufmerksamkeit nicht nur auf das Schalenwild gelegt werden, sondern verstärkt auch Hegegemeinschaften für seltene Arten, gegründet werden, wie dies bereits in einigen Bundesländern erfolgreich der Fall ist. Es ist zu prüfen, wie die Rechte und Pflichten der Hegegemeinschaften gestärkt werden können.
Siehe auch: Ein Zeichen der Hilflosigkeit
Bericht WP-Jagdportal