Seite wählen

Wenn zum Monatswechsel März-April die ersten warmen Tage das Grün sprießen lassen, kommt Bewegung in unser Rehwild. Schon nach wenigen Tagen lösen sich die Sprünge, zu denen sich das Rehwild in der vegetationsarmen Zeit zusammengeschlossen hatte, auf.
Die frische Vegetation und die Sonneneinstrahlung aktivieren die Hormone. Die alten Böcke beginnen zu fegen und sind die ersten, die die besten Standorte besetzen.
Auch die Ricken, mittlerweile sichtbar hochbeschlagen, dulden die Kitze des Vorjahres nicht mehr in ihrer Nähe und suchen geschützte Einstände für den heranwachsenden Nachwuchs.
Diese zu Schmalrehen und Jährlingen mutierenden Jungrehe ziehen nun orientierungslos durch die Flur. Der Jährling wird ständig von seinen älteren Geschlechtsgenossen herumgestoßen. Kaum hat er einen Einstand gefunden, bringen ihn die älteren Böcke auf die Läufe und er wird verjagt.
Einzig das zarte Schmalreh wird nicht nur geduldet, sondern ist bereits jetzt begehrt. Gerne sucht es nach dem Verlust der Führung durch die Ricke eine neue Führung. Was bietet sich da besser an, als sich einem alten erfahrenen Bock anzuschließen, schließlich weiß er, wo es lang geht.
Geht es um das Ansprechen, berührt man bei den meisten Jägern eine – ja eigentlich die   – jagdliche Tabuzone. Schon wenn ein Jäger mit dem Fernglas das Alter eines Rehbockes, Gams oder Hirsch aufs Jahr bestimmt.

Ansprechen muß von Ehrlichkeit und Realität getragen werden, darf sich weder in Mystik, “Wichtigtuerei” noch in reine Zweckspekulationen verlieren. Gewiß, es gibt Kriterien, die wir Jäger beachten müssen und auch können. So ist es eigentlich selbstverständlich, daß wir den Kitzen nicht die Geiß wegschießen – gerade hier erlebte ich von selbsternannten Ansprechskünstlern, gerade bei Gamswild manche Enttäuschung.  Es sollte selbstverständlich – einfach logisch sein, daß wir ein erkennbar schwaches Reh schießen.  Nicht selten wird sich das optisch schwache Reh nach dem Schuß aber trotz aller Ansprechskunst als stärkere erweisen.

Woran erkennen wir das Alter unserer Rehböcke?

Fangen wir bei den Jährlingen an, denn die sind in der Tat noch am sichersten anzusprechen. Noch immer spukt in vielen Jägerhirnen das Vorurteil, Jährlinge hätten in der Regel rosenlose Stangen, und Jähringsstangen seien grundsätzlich auf schwache Veranlagung zurückzuführen! Ein 18 kg Jährling trägt unter Umständen nur Knöpfe: für seine spätere 2 Laufbahn” scheint aber das Körpergewicht wichtiger zu sein als das seines Geweihs . Aus dem Jahrlingsknopfer – ist er ansonsten gesund und stark – kann er schon im nächsten Jahr einer der besten Zweijährigen werden.  In erster Linie ist auf den gesamten Körperbau zu achten, zu erlegen sind körperlich entsprechend schwach entwickelte Jahrlingsböcke bzw. C-Böcke.
Im Gegensatz zu Körperformen scheinen Verhaltungsmuster auch Altershinweise zu liefern.  Jährlinge werden von älteren Böcken verjagt, unterdrückt und sind nicht territorial.  Junge Böcke sind eher übermütig und treten häufiger mit Artgenossen zum äsen aus.   Jährlinge sind manchmal zu Beginn der Jagdzeit noch im Bast. Wenn sie sonst körperlich gut veranlagt sind, ist dies kein Erlegungsgrund! Ein Bock, der schon im März verfegt, aber noch im Juni nicht verfärbt ist, kann nicht der Jüngste sein.Ein anderer, der erst Anfang Mai verfegt und gleichzeitig schon den Haarwechsel fast abgeschlossen hat, ist bestimmt nicht alt, und wenn sein Geweih noch so stark ist.

Ältere Böcke:

Wie schon erwähnt, ist es verdammt schwierig das Alter eines Rehbockes, hauptsächlich in der Mittelklasse zu bestimmen.  Es bleibt festzustellen, daß einzelne ältere Böcke bereits rot sind, während die meisten Jährlinge noch nicht voll verfärbt haben.

Beim Rehwild ist die „Zahnschliffmethode“ zur Altersbestimmung bekannt, eine exakte Alterbestimmung ist aber nicht möglich.

Der Muffelfleck ist eben auch nicht das typische Kennzeichen, obwohl er schon zu beachten ist. Der Fegetermin scheidet als Altersmerkmal fast völlig aus. Richtig ist nur, daß die Jährlinge meist nach dem Haarwechsel fegen und damit gut sechs bis sieben Wochen später als die älteren Böcke.
Wie ist es nun mit dem Abwurftermin? Er hat auch auf den Bockabschuß keinen Einfluss mehr, es sei denn insoweit, als er die Schußzeit beendet. Trotzdem hält sich hartnäckig der durch ganze Lehrbuch Generation nachgebetete Lehrsatz:” Der alte Bock wirft zuerst ab, der junge zuletzt!” Wer nun tatsächlich wann abwirft ist schwer festzustellen.
Wann immer wir ein Reh erlegen, das offensichtlich älter als ein Jahr ist und wo immer über ein erlegtes Reh diskutiert wird, der Unterkiefer wird zum Kronzeugen gemacht. An diesem Stück Knochen, besser an den in ihm steckenden Zähnen hängen wir jedes Urteil auf. Fast jedes Jungjägerlehrbuch und wohl die meisten bisher über Rehwild erschienenen Werke enthalten eine “Unterkiefer-Tafel”. Den Zahnabschliff bekommen wir schon vor der Jägerprüfung eingebleut; wir müssen die auf dem Prüftisch liegenden Unterkiefer nach Jahren genau einordnen.
Der Unterkiefer eines Dreijährigen Bockes kann dem eines Fünfjährigen absolut gleich sein. Ebenso kann der Fünfjährige seine Zähne genau so abgenutzt haben wie ein Dreijähriger Mit einiger Sicherheit sagt uns der Unterkiefer nur bis zum 20. Lebensmonat das Alter an. So um die Weihnachtszeit des zweiten Lebensjahres wird es schon etwas unsicher.  Eine  sichere Altersbestimmung beziehungsweise Unterscheidung zwischen Rehen im dritten und vierten Lebensjahr ist nicht möglich. Denn die Abnützung der Zähne ist auch vielfach den unterschiedlichen Boden- und Äsungsverhältnissen, Gesundheitszustand und Veranlagung  zurückzuführen.